Clemens „the Pusher“ Kern mit einem ausführlicheren Nachtrag zum unglücklichen 27:27 gegen Wildberg.

„Menschen machen Fehler!“. Wie bereits E. Stoiber richtig erkannte, gibt es keinen perfekten Menschen. Auch im Handball nicht. So kann es vorkommen, dass jemand den Ball nicht fängt, den Ball neben das Tor wirft, oder den Ball mit dem Fuß weiterspielt, anstatt mit der Hand. Auch der Schiedsrichter, der – wie wir alle wissen – seinen Beruf im EK-Handball ehrenamtlich ausübt, macht ab und zu Fehler. Diese Fehlentscheidungen müssen so hingenommen werden. Dies versuche ich auch meinen C-Jugendspielern zu vermitteln: „Die Pfeife ist allmächtig.“ Du kannst von mir aus einen 8-fachen Flickflack machen und gleichzeitig die ersten 15 Stellen der Kreiszahl Pi aufzählen, und trotzdem wirst du der 2-Minuten Zeitstrafe nicht entgehen. Unglücklicherweise ist die Wahrscheinlichkeit, sich in einem Handballspiel 60 Minuten lang absolut ruhig und rational zu verhalten, verschwindend gering. Handball ist ein Sport der Emotionen, … und das ist auch gut so.

Ein Blick auf die Uhr, das Spiel müsste doch aus sein! Die 30 Minuten waren doch schon vor 10 Sekunden abgelaufen. Walddorfer Spieler rennen hilfesuchend zum Schiedsrichter, um zu reklamieren. Doch der schüttelt nur den Kopf. Das Spiel ist beendet, der Endspielstand lautet 27:27. Fassungslosigkeit und Unverständnis sind die Folge. Wie konnte es soweit kommen?

Kommenda bekommt den Ball, schießt und macht es. Tor, das 26:22 für Walddorf 6 Minuten vor dem Ende. Das müsste es jetzt doch gewesen sein. Nach einer deutlichen Leistungssteigerung in der 2. Halbzeit war es Walddorf zwischenzeitlich gelungen mit 5 Toren davonzuziehen. Die Beine der Wildberger Spieler schienen schwerer zu werden, der Glaube schien zu schwinden. Doch das Spiel ist erst aus, wenn der Schiedsrichter sagt, dass es aus ist. Wildberg kämpft, und schießt im Gegenzug das 23:26. Im Walddorfer Angriff ist auf einmal der Wurm drin. Hektische Abschlüsse laden den gegnerischen Torwart zu Paraden ein. In der Abwehr fehlt die letzte Entschlossenheit. 24:26 und dann 25:26. Warum geht denn der verflixte Ball nicht mehr rein? Das Team ist unruhig. Man will sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen lassen. Der Ball zappelt im Netz. Der Ausgleich zum 26:26. Die Halle ist voll da, eine Aufholjagd scheint gekrönt zu werden.

Walddorf in Ballbesitz. Der Ball kommt auf Außen, wo Vetter abschließt. Der Torwart hält, aber der Schiedsrichter will ein Foul gesehen haben und entscheidet auf Siebenmeter. Die Uhr wird gestoppt bei 29:56. Jetzt ein Tor und das Ding ist durch. Rösch schnappt sich den Ball und geht energisch zur Linie. Aber er darf nicht werfen. Zumindest noch nicht. Die Schiedsrichter diskutieren nämlich noch mit dem Zeitnehmertisch. Dann kommen sie zur Walddorfer Auswechselbank und verkünden, dass es 10 Extrasekunden nach Ablauf der regulären Spielzeit gibt. Sozusagen Nachspielzeit, die es im Handball eigentlich nicht gibt. Mit allen Mitteln versuchen die Auswechselspieler, dies ihren Mitspielern auf dem Feld klarzumachen. Das kam wohl nicht bei allen an. Rösch hat mittlerweile den Ball abgegeben an Beck. Der Druck war wohl doch zu groß. Der Leader zeigt seine ganze Coolness und überwindet den Torwart mit einem Lupfer. Die Sirene ertönt, aber es ist noch nicht vorbei. Die Wildberger bekommen noch einen Angriff und erzielen tatsächlich den erneuten Ausgleich. Das wars. Der Schiedsrichter pfeift ab und wird das Spiel nicht wieder anpfeifen.

So kommt es im Endeffekt wohl zu einer durchaus gerechten Punkteteilung. Denn wer es nicht schafft, so einen Vorsprung zu verwalten, hat es auch nicht verdient zu gewinnen. Zweifelhaft bleibt, ob diese Extraspielzeit gerechtfertigt war. Da beide Zeitnehmer von Wildberg gestellt wurden, lässt sich das schwerlich überprüfen. Jedoch muss man sich der Macht der Pfeife beugen, und versuchen das zu akzeptieren. Hoffen wir, nächstes Mal steht wieder der Sport im Vordergrund.

„Ich hatte den Ball in der Hand und hab auf die Uhr geschaut, und da war es 29:50. Erst dann hab ich weiter gespielt, und es kam zum Abschluss.“ (E. Drechsel-Grau)

„Es gibt Tage da frisst du den Bär, und es gibt Tage da wirst du vom Bär gefressen.“ (M. Rösch)

„Das bringt gar nichts, da jetzt Protest einzulegen.“ (M. Kurz)

„Ich wusste überhaupt nicht Bescheid, dass wir noch 10 Sekunden länger spielen.“ (P. Kommenda)